Vortragsreihe: Dr. Michael Schmidt-Salomon, Trier
Die tiefenpolitische Dimension der Musik oder: Warum es sinnvoll ist, über Geschmack zu streiten
Die Geschichte der Musik ist - auch wenn dies lange übersehen wurde - eine politische Geschichte. Herrscher aller Zeiten haben sich der Musik bedient, haben gefällige Komponisten und Musikstile gefördert, ungefällige zensiert. Gebildete Herrscher beriefen sich dabei gerne auf den alten Platon, der in seinem berühmten Werk "res publica", zu deutsch: "der Staat", folgenden Dialog niederschrieb:
"Vor Neuerungen der Musik muss man sich in acht nehmen; denn dadurch kommt alles in Gefahr [...] Nirgends wird an den Gesetzen der Musik gerüttelt, ohne dass auch die höchsten Gesetze des Staates ins Wanken geraten. [...] Dort müssen also die Wächter ihr Wachhaus bauen: in die Nähe der Musik. - Ja, Gesetzlosigkeit dringt leicht in die Musik ein, ohne dass man es gewahr wird. - Freilich, sie scheint dort bloß Spiel zu sein und ohne üble Wirkung zu bleiben. - Sie hat ja auch keine andere Wirkung [...] als dass sie sich allmählich festsetzt und heimlich auf den Charakter und die Fähigkeit überträgt, dann weiter und offener um sich greift und das bürgerliche Leben vergiftet, dann mit großer Frechheit die Gesetze und die Verfassung angreift, bis sie schließlich alles zerstört, das ganze Leben des einzelnen sowohl wie der Gesamtheit."
Für Platon und seine Nachfolger hatte Musik eine wichtige Funktion innerhalb des Gemeinwesens: Sie diente der Etablierung bzw. der Festigung der Sittlichkeit, also erwünschter staatsbürgerlicher Tugenden. Gleichzeitig stellte sie aber auch eine große Gefahr dar, die zu kontrollieren, reglementieren war. Nicht erst die großen Diktaturen des letzten Jahrhunderts betrachteten das musikalische Geschehen daher mit Argusaugen. Die Unterscheidung von artiger und entarteter Kunst erfreute sich bereits einige Jahrhunderte vor dem Nationalsozialismus eifriger Beliebtheit. Man denke nur an die zahlreiche Kirchenkonzile, die festlegten, auf welche Weise man Gott und die Kirche tönend zu preisen habe. Mehr hierzu lesen…
Die Geschichte der Musik ist - auch wenn dies lange übersehen wurde - eine politische Geschichte. Herrscher aller Zeiten haben sich der Musik bedient, haben gefällige Komponisten und Musikstile gefördert, ungefällige zensiert. Gebildete Herrscher beriefen sich dabei gerne auf den alten Platon, der in seinem berühmten Werk "res publica", zu deutsch: "der Staat", folgenden Dialog niederschrieb:
"Vor Neuerungen der Musik muss man sich in acht nehmen; denn dadurch kommt alles in Gefahr [...] Nirgends wird an den Gesetzen der Musik gerüttelt, ohne dass auch die höchsten Gesetze des Staates ins Wanken geraten. [...] Dort müssen also die Wächter ihr Wachhaus bauen: in die Nähe der Musik. - Ja, Gesetzlosigkeit dringt leicht in die Musik ein, ohne dass man es gewahr wird. - Freilich, sie scheint dort bloß Spiel zu sein und ohne üble Wirkung zu bleiben. - Sie hat ja auch keine andere Wirkung [...] als dass sie sich allmählich festsetzt und heimlich auf den Charakter und die Fähigkeit überträgt, dann weiter und offener um sich greift und das bürgerliche Leben vergiftet, dann mit großer Frechheit die Gesetze und die Verfassung angreift, bis sie schließlich alles zerstört, das ganze Leben des einzelnen sowohl wie der Gesamtheit."
Für Platon und seine Nachfolger hatte Musik eine wichtige Funktion innerhalb des Gemeinwesens: Sie diente der Etablierung bzw. der Festigung der Sittlichkeit, also erwünschter staatsbürgerlicher Tugenden. Gleichzeitig stellte sie aber auch eine große Gefahr dar, die zu kontrollieren, reglementieren war. Nicht erst die großen Diktaturen des letzten Jahrhunderts betrachteten das musikalische Geschehen daher mit Argusaugen. Die Unterscheidung von artiger und entarteter Kunst erfreute sich bereits einige Jahrhunderte vor dem Nationalsozialismus eifriger Beliebtheit. Man denke nur an die zahlreiche Kirchenkonzile, die festlegten, auf welche Weise man Gott und die Kirche tönend zu preisen habe. Mehr hierzu lesen…