Indem Musiker Improvisatoren wurden, interessiert an einer klischeelosen, gegenwärtigen Klanglichkeit, wurden sie zugleich zu Instrumentenbauern und Komponisten. Durch jeweils individuell umgebaute Instrumente und individuelle Spieltechniken haben sie im lebendigen Prozess des Musizierens ein nuanciertes Geräuschklangvokabular entwickelt, das sich ein Komponist am Schreibtisch oder auch am Computer nicht ausdenken kann. Jede ernst zu nehmende Musikerin, jeder ernst zu nehmende Musiker aus dieser Szene hat im Zusammenwirken von Spieltechnik und Instrumentenbau sein eigenes Vokabular, seine eigene Klangsprache erfunden. Ein Vokabular, dessen Basis – statt struktureller Konstruktionen wie bei klassischen Komponisten – kommunikative Situationen des Musizierens bilden, kommunizierend entweder selbstreferentiell mit dem eigenen Instrument und Material oder reagierend auf das Material und die Musikalität der Mitspieler. Gerade durch die Erforschung der Geräuschklänge wurden bei dieser Art der Improvisation musikalische Verhaltensweisen erforderlich, die die Spielpraxis selbst verändert haben. An die Stelle eines platten Tutti-Solo-Arrangements oder von dialogischen Prozessen trat ein zugleich autonom selbstreflexives und sensibel reagierendes musizierendes Verhalten.
(Quelle: http://edoc.hu-berlin.de/kunsttexte/2012-2/nauck-gisela-3/PDF/nauck.pdf)