13.10.2012

Musik im digitalen Zeitalter


Der Umgang mit Musik hat sich in den letzten Jahren drastisch verändert. Wie wir Musik hören, wie wir sie produzieren und in welchen Formen und Kanälen sie verbreitet wird, war seit der Erfindung der mechanischen Schallaufzeichnung ab 1830 nicht mehr solchen grundlegenden Veränderungen unterworfen.

Das kann zwangsläufig auch Fragen musikalischer Ästhetik und ihrer künstlerischen Inhalte nicht unberührt lassen. Kompositionstheoretische und ästhetische Fragen stehen genauso zur Disposition wie diejenigen traditioneller Systeme, Formen und Strukturen.

In diesem Zusammenhang sind auch die relativ jungen Genres wie Klangkunst, Soundscapes und Sound Art zu sehen. Sie weisen darauf hin, dass mit dem epochalen Wechsel zur Klangspeicherung im Realen Ende des 19. Jahrhunderts Sound als neues mediales Objekt überhaupt erstmals Gegenstand musikalischer Gestaltung durch Audio-(Re)Produktionsmedien werden konnte. Zu Beginn dieser Verfahren und Strategien wie sie in elektronischen Studios immer weiter entwickelt wurden, stehen radiophone Werke und medienspezifische Arbeiten für die Reproduktionsmedien Walze, Schallplatte und Tonband. In der Tradition der Futuristen und Suprematisten kommt es zu einem emanzipatorischen Umgang mit Geräuschen, die seit dem Mittelalter aus der europäischen Kunstmusik verbannt worden sind. In Verbindung mit synthetischen Klängen ergeben sich grundlegende Grenzverschiebungen im Umgang mit Musik sowie auch das mediale Nebeneinander mit anderen Künsten, mit denen etwa in Bezug auf die Auflösung des Werkbegriffs und der Entgrenzung des künstlerischen Materials viele Gemeinsamkeiten existieren. Die weitreichenden Folgen der Medialisierung von Klang sind ebenfalls im kompositorischen Umgang mit Formen, Strukturen und ästhetischen Konzepten spürbar, bis schließlich unser traditionelles Verständnis von Musik gänzlich in Frage gestellt wird.

Quelle: http://www.transcript-verlag.de/ts2175/ts2175_1.pdf